Sonntagsgedanken: Du musst Dich nicht entscheiden, wenn Du 1000 Träume hast

In der Rubrik „Sonntagsgedanken“ beschäftige ich mich mit meiner Sichtweise auf ein Thema oder schreibe über ein Thema, das meine Entwicklung beeinflusst hat.

Eine Rezension ist auch längst wieder fällig. Alles zusammen? Bittesehr, das passt zum Thema:

Heute meine Anmerkungen zum Buch Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast *von Barbara Sher.

Dieses Buch habe ich vor ein paar Jahren gelesen. Es hat mich damals sehr begeistert, aufgerüttelt und befreit.

Vor ein paar Wochen ist es mir aus dem Bücherregal wieder in die Hände gefallen. Ich habe noch einmal die Stellen quergelesen, die ich mir damals markiert hatte. Das hat mich für das ‚vielfältige Jahr 2014‘ ganz schön aufgepowert, so nenne ich es –  aus Gründen.

Ich habe längst verstanden, dass ich mich nicht entscheiden muss und in 2014 gehe ich auch mutiger damit zur Sache und das gefällt mir. Denn ich muss mich nicht entscheiden, wenn ich tausend Träume habe. Das Buch hat viel für meine kreative Entwicklung in den letzten Jahren getan.

Als ich das Buch damals, so etwa Anfang 2009, in einer Buchhandlung entdeckte, wurde mir gerade deutlich, dass ich als Selbstständige zwar gut zu tun hatte, aber dass ich mehr ‚gearbeitet wurde‘, als dass ich selber entschied, was ich eigentlich wollte. Viele Dinge waren irgendwie zur Routine geworden und machten immer weniger Spaß. Ich musste da irgendwas ändern, aber was? Da lag also dieses Buch und der Titel machte mich neugierig.

Mir fehlte das, was ich damals nicht benennen konnte: Kreativität

Kollegen und Teilnehmer bezeichneten mich damals als kreativ. Ich nahm das aber nicht an. Für mich war das keine Kreativität, also zumindest habe ich das nicht bewusst erlebt.

„Kreativität, hach ja, das wäre schön!“, dachte ich damals oft. „Hätte ich mich doch bloß für einen kreativen Beruf entschieden, vielleicht hätte ich das mal angehen sollen, aber jetzt ist es zu spät.“ Bah, das klingt ja selbst in der Rückschau eklig.

Kreativität war damals ein Begriff, den ich ernsthaft genutzt nur mit zertifizierten Künstlern in Zusammenhang brachte

DIE hatten die Lizenz zum Kreativsein. Ich hatte mich aber für den Beruf der Trainerin entschieden. Das war was Solides, da könnte man noch mal hier und da ’ne Methode neu machen und dann aber Schluss damit.
So! Wie konnte ich denn auch noch zertifiziert kreativ sein, wenn das für mich gar nicht zum Beruf gehörte? Sollte ich mich doch noch mal um einen Studienplatz in Kommunikationsdesign bewerben? Oder irgendwas mit Comedy und Schauspiel?

Kein Witz, das habe ich damals gedacht. Dennoch erlaubte ich mir ein paar kreative ‚Ausflüge‘. In jeder Vorstellungsrunde begann ich mit:

„Ich bin gar keine Schauspielerin.“

Oder auch: kein Comedian, keine Autorin, Malerin… Fotografin…Herrje, was ich alles nicht war!

Max Giermann sagte einmal zu mir: „Aber Du bist doch auch Schauspielerin.“
Ich: „Nee, Du spinnst!“
Max: „Doch, Du hast doch alle diese Kurse gemacht und Du kannst das doch hier im Kurs alles. Das ist doch außerdem kein geschützter Berufsbegriff.“ –> Ich war in dem Kurs grottenschlecht, das war schon sehr charmant, das zu sagen. 😉
Ich: „Nein, das würde ich nie behaupten. Ich finde, dass das ein echt harter Beruf ist.“
Max: „Das stimmt. Aber trotzdem trittst Du in Deinem Job aufs Jahr gerechnet vor mehr Zuschauern auf, als manch anderer Schauspieler.“
Vielleicht stimmte das sogar, aber ich hatte mal hinein geschnuppert, in dieses Schauspiel, aber dann war auch schon wieder gut. Genauer betrachtet waren das über die Jahre insgesamt 15 Kurse à 2-3 Tage.

Huch, das ist ja doch schon eine ganze Menge.

Ich habe reingeschnuppert auf der Stand-up-Bühne zur Übung und Knacki Deuser sagte, ich hätte Bühnenpräsenz und sei totlustig. Das sagte er, wenn er etwas sehr lustig fand. Na fein. Weiter also. Aber ich war doch Trainerin, kein Comedian. Ja, da hätte mich ja damals mal… du weißt schon: zertifizieren lassen müssen.

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Da wirft ein solches Buch natürlich erstmal einige Dinge durcheinander

Ich verstand, dass ich ein sogenannter ‚Scanner‘ bin, den Barbara Sher in ihrem Buch so beschreibt:

Scanner lieben es zu lesen und zu schreiben und Dinge zu erfinden, Projekte und Geschäftsideen zu entwickeln, zu kochen, zu singen und perfekte Dinnerpartys zu geben. … Ein Scanner lernt vielleicht voller Begeisterung Bridge oder Boccia, aber sobald er es einigermaßen beherrscht, verliert er möglicherweise die Lust daran.

„JA!“, rief ich beim Lesen damals aus „Ich bin ein Scanner!“ – Ich finde kochen zwar blöd und singen kann ich nur schön falsch bei einer 1A-Karaoke-Show, aber ja, ich bin dann wohl ein Scanner. Ich würde es meiner Familie erklären müssen. Es ist ja keine Krankheit, nur sie müssten sich darauf einstellen, dass ich in meinem Berufsleben noch das eine oder andere auf die Beine stellen würde, was nicht so unbedingt immer gradlinig ist.
Darum ist es gut, alleine zu arbeiten, denn wenn ich mit einer neuen Idee aufwache, dann kann ich die sofort verfolgen und muss es niemandem erklären. Nichts ist für die Ewigkeit.
In diesem Buch wird schon deutlich, dass Scanner eine gehörige Portion Kreativität besitzen. Das ist schon allein notwendig, um die vielen Interessen alle unter einen Hut zu bekommen. Das will ja auch organisiert sein, so ein Scannerleben.

Aber eine Sache blieb trotzdem noch offen, denn ich hatte und habe immer noch viele Interessen. Da fällt es schwer anzufangen. Barbara Sher beschreibt das Dilemma wie folgt:

Für Scanner ist diese Welt wie ein riesiger Süßigkeitenladen voller Verlockungen. Und am liebsten würden sie mit beiden Händen zugreifen und sich die Taschen vollstopfen.
Das klingt eigentlich wunderbar, nicht wahr? Das Problem ist nur, dass Scanner im Süßwarenladen verhungern. Sie denken, dass sie nur von einer Süßigkeit naschen dürfen. Dabei wollen sie von allen naschen. Wenn sie sich zu einer Entscheidung durchringen, sind sie ewig unzufrieden. Doch in der Regel treffen Scanner gar keine Entscheidung und es geht ihnen nicht gut dabei.

Aha, ich fühlte mich beobachtet. Wo saß diese Frau Sher und beobachtete mich schon die ganze Zeit? Der Absatz hat mich besonders berührt, denn der traf den Nagel auf den Kopf. Ich musste mich ja so pro forma entscheiden. Irgendwas muss ja auf der Webseite stehen. Man trifft ja eine Entscheidung, mit der man erstmal sein Geld verdient. Aber das muss ja nicht für immer sein.

Zum Glück liefert Barbara Sher auch ein paar Ideen, wie der Scanner wieder aus dem Dilemma herausfindet

Sie gibt Tipps, welche Möglichkeiten es gibt, sein Leben als Scanner zu organisieren. Sie liefert Tools, um Ideen festzuhalten, die den Scanner nicht einschränken, aber doch ermöglichen, die Ideen wieder zu finden, wenn plötzlich die Zeit dafür hereinbricht. Sie gibt auch Tipps, die es ermöglichen, eine Idee unerledigt zu gunsten einer neuen Idee einfach wieder fallen zu lassen. Jawoll! Weg damit!

Barbara Sher sagt sogar, dass ich meinen Beruf selbst erfinden darf. Cool, mache ich!

Ich begann also meine Ideen Stück für Stück auszuleben. Ich setze zuerst einmal auch diesen Blog hier auf. Denn ich wollte schreiben. Ich lernte viele tolle Menschen kennen, die aus ganz anderen Berufen kamen, aus Berufen, die mich inspirierten.
Klar, das durften sie, denn es steht ja schließlich in diesem Buch. 🙂

Jetzt lernte ich, das Kreativität bedeutete, aus verschiedenen Dingen etwas Neues zu machen. Jemand, der kreativ ist, der muss nicht der tollste Zeichner, der größte Fotograf, oder ein kleiner Leonardo da Vinci sein.

Das wäre natürlich ungemein praktisch. Es ist die Kombination aus verschiedenen Dingen, die etwas Neues ergeben. DAS ist Kreativität. Ohne Zertifikat, ohne Naserümpfen, weil das Ergebnis nicht immer perfekt ist. Pfft, egal!

Ergänzung 4.2.2018: Wusstest du, dass Leonardo da Vinci VEGETARIER war? Krass! Das ist ja so gar nicht mein Ding. Schließlich mag ich kein Gemüse! 

Ich nahm also das Buch wieder zur Hand und überlegte, was seit dem 1. Lesen dieses Buches alles anders geworden ist

Mein Fazit: Sehr, sehr viel.

Einen ganz radikalen Rat, den Barbara Sher auf der S. 128 gibt, den befolge ich bei jeder neuen Idee:
Fangen Sie klein an. Fangen Sie jetzt an. Fangen Sie alles an. Und scheren Sie sich nicht um das Ende.

Genau! Wenn ich mir die Videos anschaue, die ich produziere, dann zeigen sie genau das. Warum sollte ich warten, bis ich mir ein professionelles Studio mieten kann, wenn ich auch mit den Videos, die ich bisher selber produziere erfolgreich sein kann?
Klar lerne ich immer mehr dazu. Wer weiß, was das nächste Ding ist, das ich gerne lernen möchte?
Wer mich in den letzten Wochen hier weniger angetroffen hat, dem kann ich sagen, dass ich im Backend meiner Webseite unterwegs war, um mir eine Lernplattform und ein Lädchen zu gestalten. Ich wollte das alles lernen und verstehen. Jetzt kann ich beides mit Inhalten füllen. Ich wollte immer schon ein eigenes Lädchen – so nebenbei. 😉
Verdammt, da ist sie ja schon wieder, diese Kreativität.

Jetzt bin ich auf der Suche nach dem Schlussatz mit Tipp:

1. Sonntagsgedanken: Geh dem Gedanken nach und schau, was dir fehlt, wenn die Zufriedenheit nachlässt. Mehr Vielfalt und mehr Zeit in Beruf und Privatleben, um neue Dinge auszuprobieren? Na, dann los. Denn du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast.

2. Rezension: Unbedingt kaufen, das Buch. Wenn du feststellst, dass du kein Scanner bist, dann hilft dir das Buch ungemein, die Kollegen, Kunden oder Teilnehmer zu verstehen, die offensichtlich Scanner sind. Das Buch ist so schön leicht und locker geschrieben. Liest sich einfach so weg. Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast*

3. So, aber jetzt wünsche ich dir einen schönen Sonntag!

 

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9 Antworten

  1. Gestern Abend wurde ich im Netz zufällig auf dieses Buch aufmerksam, nachdem ich in einem Blog über Scanner-Persönlichkeiten gelesen habe (was für eine Erkenntnis! Ich bin so vielseitig interessiert, dass mir das manchmal unheimlich wurde). Gerade habe ich mir das Buch runtergeladen, aber der Kindle braucht erstmal wieder Saft, bevor es später ans Lesen geht. Und weil ich mich so drauf freue, lese ich Rezensionen über das Buch.

    Echt, ich bin total gespannt.

    Hast du noch mehr Bücher von Barbara Sher gelesen?

    Liebe Grüße

    Birgit

    1. Liebe Birgit,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Bisher habe ich keine weiteren Bücher gelesen. Ich hatte es mir vorgenommen, bin aber irgendwie drüber hinweg gekommen. Tse, Scanner. 😉
      Aber es taucht immer mal wieder eins der Bücher auf, so dass ich sicher noch das eine oder andere Buch von ihr lesen werde. Es liest sich einfach gut.

      Liebe Grüße
      Sandra

  2. Liebe Sandra,
    egal, was Du schreibst, es bietet immer eine Fülle von Impulsen für mich. Danke, dass ich so viel von Dir lernen darf.

  3. Pingback: Wer verflixt ist diese Barbara Sher? • LiFEcatcher.de
  4. Pingback: Blogparade “Kreativität für alle” | Nicole Gugger
  5. Liebe Sandra,

    vielen Dank für die Buchempfehlung, kannte ich noch gar nicht das Buch. Und toll zu lesen, wie Du Deinen kreativen Weg gegangen bist; ich kenne Dich ja nur in diesem Zustand und hätte es nicht gedacht, dass Du früher mal eine ganz „normale“ Trainerin warst – was ein Glück, dass Du zu rechten Zeit das Buch gelesen hast!

    Ich bin sehr gespannt auf Drin Lädchen und wünsche Dir ganz viel Erfolg dafür, Spaß hast Du ganz sicher, wie ich Dich kenne 🙂

    Herzliche Grüße
    Natalie

  6. Liebe Sandra Dirks,

    schön, wie du dein „Scannertum“ beschreibst. Ja, das Buch ist ein prima Buch, das finde ich auch.

    Und die Metapher von Barbara Sher, wie eine Honigbiene von Blume zu Blume zu sausen und sich Nektar unterschiedlicher Geschmacksrichtungen zu gönnen, ist für mich ein unheimlich befriedigendes Bild. Von manchen Blüten ist der Nektar eben schnell abgenascht, mehr von der einen Art braucht man dann einfach nicht.

    Ich weiß noch, wie meine Mutter damals sagte: „Jetzt fängst du schon wieder dieses an, bald wieder jenes. Mach doch erstmal das Eine zu Ende.“ Allerdings war mir „das Eine“ inzwischen schon wieder langweilig geworden, mehr wollte ich eben von der Blüte nicht abernten.

    Immer wieder begegne ich Scannern im Coaching, die noch nicht um ihre Vielbegabung wissen und sehr ungnädig mit sich sind. Denen empfehle ich begleitend zum Coaching auch dieses schöne Buch.

    Herzliche Grüße
    Sabine Dinkel

    PS.
    Irgendwann komme ich auch in einen apprenti-Workshop. Steht immerhin als Wunsch in meinem Scanner-Projektbuch ;o)

  7. Hallo Frau Dirks,

    das ist eine ganz tolle, enorm mutmachende Rezension!! Vielen Dank für das Schildern Ihres Entwicklungsprozesses – das macht Spaß zu lesen und macht Mut, sich selbst unbedingt treu zu bleiben.

    Einen schönen Sonntag noch! 🙂 😀
    Herzliche Grüße
    Marit Alke

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