Alles auf einmal oder in moderaten Häppchen?
Kann sein, dass diese Frage gar ketzerisch anmutet, doch dieser Beitrag soll dir einfach nur Mut machen.
Eins mal vorneweg: Ich habe nichts gegen ein- oder zweitägige Visualisierungstrainings, schließlich kannst du das bei mir auch buchen. Ebenso sage ich nicht, dass das nichts bringt, denn die Teilnehmer verlassen in der Regel müde aber fröhlich beschwingt mein Training, um das neu Gelernte umzusetzen.
Klar, der eine mehr, der andere weniger. Das ist sehr unterschiedlich, aber auch das ist völlig normal.
Aber auf die Frage hin, ob man nach dem Basic-Training in der Lage ist, DAS PERFEKTE Flipchart zu erstellen, das weiß ich nicht und mein Gefühl dazu ist: „Nein!“
Es kann sein, dass du dein perfektes Flipchart erstellst, weil du an diesem Trainingstag genau DIE Tipps und Tricks mitgenommen hast, die dir noch gefehlt haben.
Es kann sein, dass du dein perfektes Flipchart erstellst, weil jeder eine andere Definition für ein schönes oder perfektes Flipchart hat.
Vielleicht willst du aber auch gar nicht DAS perfekte Flipchart? Wirksam soll es sein, irgendwie merk-würdig. Das geht natürlich auch, aber einfacher wird es dadurch nicht.
Das, was du an dieser Stelle brauchst, das ist Praxis und eine gute Portion Routine
Ein Flipcharttraining kann dir jede Menge Ideen und Impulse liefern. Nach dem Training solltest du das neu Gelernte einbauen und reflektieren, um herauszufinden, was du wirklich für deine tägliche Arbeit brauchst.
Hier zwei Tagesabläufe aus meinen Trainings, um zu zeigen, was hier für den Tag auf dem Programm steht:
Mit diesem Beitrag möchte ich dir den Druck herausnehmen aus dem Lernprozess und dir ein paar Impulse liefern, die dir helfen sollen, die im Visualisierungstraining gelernten Inhalte zielgerichteter zu trainieren und einzusetzen.
Dazu habe ich dir fünf kleine Schritte zusammengestellt:
- Verschaffe dir einen Überblick.
- Fange mit den Visualisierungen an, die dich besonders ansprechen.
- Recherchiere und wage den nächsten Schritt.
- Gewinne Sicherheit in einer Sache.
- Erstelle dir einen Plan, in welcher Reihenfolge du die einzelnen Bereiche vertiefen möchtest.
1. Verschaffe dir einen Überblick
Sortiere deine Unterlagen aus dem Visualisierungstraining. Nimm nach Möglichkeit alle deine Werke aus dem Training mit. Klar, du kannst alles abfotografieren, aber ich habe jetzt gemerkt, dass das nicht das Gleiche ist. In meinen Visualisierungstrainings arbeitest du z.B. immer an Flipcharts und manchmal auch an Pinwandpapier. Alles was du an diesem Tag produzierst, das solltest du auch mit nach Hause nehmen.
Selbstverständlich kannst du das alles auch abfotografieren.
Den Unterschied zum reinen Abfotografieren macht hier das haptische Erleben. Du kommst nach Hause und hast deine Ergebnisse in der Hand. Mancher mag sagen: „Ja, aber dafür habe ich doch die Seminarunterlage!“ – Nein, das hast du bei mir nicht. Ich gebe keine Seminarunterlage aus. Du bekommst Fotos der Flipcharts, die ich während des Trainings erstelle. Diese Fotos sind deine Gedächtnisstütze, deine Lernhilfe. Dazu kommen alle deine Flipcharts. Auf den Fotos hast du die Vorlagen, auf deinen Flipcharts hast du greifbare Ergebnisse.
Was machst du dann mit den Flipcharts, die du aus deiner Weiterbildung mitbringst?
Erstmal falte ich alle Flipcharts oder Pinwandpapiere so handlich wie möglich zusammen. Nach ein paar Tagen hole ich sie hervor, falte sie auseinander und schaue sie mir an.
Ich habe das jetzt schon ein paar Mal im Rahmen meiner eigenen Weiterbildung so gemacht und ich bin jedes Mal sehr überrascht und erfreut. Es macht sich dadurch eine Zufriedenheit breit, die ich im Training noch nicht gespürt habe, denn ich finde gut, was ich dort sehe.
Ja, kein Witz! Mir gefällt, was ich dort sehe. Nicht alles, aber viel mehr als zunächst gedacht. Auch wenn du dich im Training von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen lassen möchtest, du tust es trotzdem. Da ist zunächst mal die Trainerin oder der Trainer. Ihn oder sie hast du gebucht, weil dir die Arbeiten gefallen. Du findest es inspirierend und manchmal bist du auch ein bisschen #Fangirl oder #Fanboy. So geht mir das zumindest immer. In solchen Trainings sitzen aber auch immer ganz unterschiedliche Personen mit unterschiedlichem Können. Ich denke dann immer:
„Boah, die können das alle schon voll gut! Nur ich bin hier der Honk. Das, was ich da gemacht habe, das ist nicht schön oder witzig, oder…!“
Klar weiß ich, dass solche Gedanken blöd sind, aber da ich durch und durch menschlich bin, gelingt es mir niemals, diese Gedanken abzustellen. Ich versuche es auch gar nicht mehr.
Kurz gesagt: Ich sehe meine Arbeit an solchen Tagen gar nicht. Ich bin überkritisch und ein bisschen frustriert, weil ich sehr ungeduldig bin.
Mit ein paar Tagen Abstand sieht die Welt schon ganz anders aus. Ich sehe dann vor allem die Dinge, die mir besonders gut gefallen. Also nehme ich meine Arbeitsergebnisse hervor, falte sie auseinander und bin entzückt. Da ist tatsächlich eine Menge schöner Dinge dabei. Nur auf einem Bild im Smartphone würde mir das gar nicht auffallen. Erst zu diesem Zeitpunkt empfehle ich dir, dass du genau die Dinge, die du richtig gelungen findest bewusst fotografierst.
Das stärkt das Selbstvertrauen und das wiederum zeigt sich dann, wenn du beginnst, deine Ideen auf deinen eigenen Flipcharts umzusetzen.
2. Fange mit den Visualisierungen an, die dich besonders ansprechen
Im Training hast du eine Menge Impulse bekommen. Jetzt ist es an dir sie nachzuarbeiten:
- Welche der Motive kannst du sofort für deine Arbeit nutzen und warum? Experimentiere damit herum. Zeichne sie auf unterschiedlichen Papieren nach. Groß, klein, mit dem Fineliner, mit verschiedenen Markern. Schau dir an, was dir davon am besten gefällt.
- Sind es eher kleine und feine Motive? Oder große und dicke?
- Welcher Marker reizt dich?
- Welche Größe ist realistisch für deine tägliche Arbeit?
- Brauchst du unbedingt das weithin lesbare Flipchart?
- Vielleicht das kleine TopChart, weil das eher deiner Realität entspricht?
- Oder wirst du langfristig auf das digitale Zeichnen umsteigen?
Das sind alles Fragen, die dir durch den Kopf fliegen dürfen, während du intuitiv alles nacharbeitest.
Das alles gilt selbstverständlich auch, wenn du zunächst mal mit deiner Schrift anfangen möchtest und dazu weniger die Motive oder Bilder im Blick hast.
Während du jetzt immer mehr an den gleichen Motiven arbeitest, entwickelst du langsam deinen Stil. Automatisch nimmst du weitere Motive mit dazu, deren Sinn sich für dich erst auf den 2. Blick erschließt. Es ist eben alles optional. Nix muss, alles kann. Du bist der Chef!
Plötzlich merkst du auch, dass deine Motive schon ganz anders aussehen als die von der Trainerin, aber das ist egal, denn sie gefallen dir gut. Na, dann mach sie zu deinen eigenen. Wichtig ist nur, dass du sie nur so weit veränderst, dass noch erkennbar ist, was es grundsätzlich darstellen soll. 😉
3. Recherchiere und wage den nächsten Schritt
Jetzt hast du hoffentlich Lust bekommen, über das bisher Gelernte hinaus zu blicken. Du entdeckst dabei langsam, wie vielfältig das Feld der Visualisierer ist. Du entdeckst jetzt Vorlieben für bestimmte Stile und triffst neue Vorbilder. Auf Instagram findest du eine große Bandbreite zwischen Sketchnotes und Graphic Recording. Ich kann immer nur wieder sagen, dass Pinterest eine sehr ergiebige Quelle für z.B. Flipchartideen ist. Dort legst du dir alles was dir gefällt in eine Wunschliste.
Auch hier entscheidest du wieder, was dir am besten gefällt und beginnst mit den Bildern und Inspirationen, die dich als erstes antriggern.
Das können ganz verschiedene Dinge sein. Das können mal Bilder sein, mal Lettering-Styles oder einfach Schriften, die du gerne zukünftig auf deinen eigenen Flipcharts sehen möchtest.
Das können z.B. auch Figuren sein, oder zusammengesetzte Visualisierungen aus Bild und Text. Jipieeeh, die Welt der Visuals ist groß und vielfältig. Apropos Welt: Überall auf der Welt gibt es fantastische Menschen, die sich ebenfalls diesen Themen verschrieben haben. Die Gruppe „Graphic Facilitation“ auf Facebook zeigt die enorme Bandbreite des Feldes.
4. Gewinne Sicherheit in einer Sache
Erst trainierst du die dir wichtigen Dinge, bis du dich so sicher fühlst, dass du damit endgültig vor eine Gruppe treten möchtest. Das können Bilder oder Schriften sein. Im nächsten Step trainierst du eine weitere Sache.
Angenommen, du hast zunächst die Schriften trainiert und es läuft jetzt gut. Du merkst, dass dir etwas fehlt. Was wäre jetzt für dich der nächste Schritt?
Achtung! Nur einen Schritt machen! Hörst du? Nur einen Schritt!
Das könnte also sein, dass du jetzt entweder an Figuren oder kleine Bilder oder einfach generell an Vorlagen denkst.
Das sind meine aktuellen Übungsfelder, die mir ordentlich viel Spaß machen:
Greife dir bewusst EINE Sache heraus, auf die du den Fokus legst
Im Alltag neigen wir leider dazu, uns furchtbar zu verzetteln. Das Problem dabei ist, dass wir am Ende dann gar nichts umsetzen, weil wir dann doch nicht wissen, womit wir spontan beginnen sollen. Das finde ich sehr schade. Das Ergebnis ist dann nicht selten, dass man weitermacht, wie vorher. Leider so, als hätte es dieses Training nie gegeben.
Sehr schade. Einerseits, weil dann der Trainingstag inkl. Kosten einfach verloren ist und andererseits, das sage ich ganz egoistisch, ist es der Blick der „anderen“ auf diese Flipcharts:
„Aha, der/die war also im Visualisierungstraining!? Bei der Dirks!? Naja, genützt hat es jedenfalls nix.“
Boiiiiing! Na, herzlichen Dank! Gut, das klingt jetzt ein bisschen nach: „Streng dich an, damit ich nicht blöd dastehe!“
Ja, das ist auch so, denn ich mache so ein Training, damit du etwas davon hast, also ist mir der Output schon wichtig. Dazu möchte ich meine Trainings auch weiter entwickeln, so dass mein Wissen nicht einfach so vor sich hindörrt, sondern um frische Impulse zu liefern, die wirklich praxisnah sind. Im besten Fall hast du dann mit deinen Teilnehmern auch mehr Spaß!
So, genug dazu! Einen Schritt nach dem nächsten. Weiter zum nächsten Punkt.
5. Erstelle dir einen Plan, in welcher Reihenfolge du die einzelnen Bereiche vertiefen möchtest.
Nach der ersten Euphorie brauchst du einen Plan. Du hast die ersten Inhalte nach dem Training wiederholt. Die Inhalte, die dich sowieso interessiert haben. Du hast dir erste eigene Flipcharts erstellt. Kurz: Die erste Neugier ist gestillt, jetzt schlägt der Alltag zu.
Damit du die guten Vorsätze nicht aus dem Blick verlierst, solltest du dir einen Plan erstellen. Dieser Plan kann sehr großzügig sein und sich auch gerne über ein paar Monate hinziehen. Nimm dir einen dieser Jahresübersichtskalender und markiere dir dort die Zeit, die du dir dazu nehmen möchtest.
Starte mit einem Termin irgendwann in der Zukunft: Wann möchtest du dir die Fähigkeiten so erarbeitet haben, dass du dich sicher fühlst?
Dann schaust du realistisch auf dein Zeitbudget:
- Hast du Zeit, jeden Tag ein paar Minuten zu trainieren?
- Jede Woche?
- Oder nur an bestimmten Wochentagen 2x im Monat?
Dann trage dir ein, was für dich passt. Trage dir das wirklich ganz realistisch ein.
Mit dem Visualisieren ist es wie mit dem Abnehmen. Ein ganz bisschen Geduld brauchst du schon!
Dann betrachte, wie viel Zeit dir insgesamt bleibt, um dein Ziel zu erreichen. Meistens ist es so, dass man sich viel zu viel vornimmt. Jetzt musst du stark bleiben!
Es ist wie beim Abnehmen. Pfund für Pfund erreichst du dein Ziel. Das muss ich auch gerade lernen. Dranbleiben und sich über jedes Kilo zu freuen, das scheint mir gerade zielführend.
Freue dich über jeden neuen Schritt, den du dir erarbeitet hast. Du musst verschiedene Muskeln trainieren, um dir die unterschiedlichen Themen zu erarbeiten.
Da kann auch schon mal ein Thema echt hinten herunterfallen. Möglicherweise ist es dir bei deiner Arbeit aber auch gar nicht wichtig. Bisher war das bei mir mit den Figuren der Fall. Ich kann schon Figuren zeichnen, aber das ist eins der Themen, bei denen ich merke, dass es mir nicht wichtig ist. In den letzten Jahren, da waren Figuren das auch nicht. So habe ich mich absolut gerne auf Schriften und kleine Bilder konzentriert und dazu viel aufgesogen und ausprobiert.
Eine Mini-Me-Idee für das Sketchnote-Selfie zum Sketchnote-Barcamp 2019
Jetzt werden auch Figuren etwas wichtiger für mich und im Moment bin ich in einer aktiven Phase des Ideenfindens. Da gibt es wahnsinnig viele Impulse, die ich aufgreife, aber es fließt mir noch nicht so locker aus der Hand. Ich habe auch weniger Lust, daran herum zu experimentieren. Lettering triggert mich einfach mehr an.
Möglicherweise liegt es daran, dass mein Graphic Recording z.B. eher textlastig ist. Das ist kein Problem, denn nach Aussage meiner Kunden buchen sie mich, weil sie finden, dass ich wie ein Trüffelschwein genau die ihnen wichtigen Sätze aufwühle und sie aufs Papier werfe.
Gerne auch sehr fett und plakativ mit einer Sprechblase drumherum. Was soll ich da mit Figuren? Sie sind ein Beiwerk. Genau dazu brauche ich eine kleine Kombo, die mir locker aus der Hand fließt und immer wieder auftaucht.
Am letzten Wochenende war ich auf dem Sketchnote-Barcamp in Hannover und habe gelernt, wie ich ALLE Tiere zeichnen kann. ALLE, außer Schlangen! Das war ein Mordsspaß und meine Tiere werden zukünftig alle so aussehen. Alle aus einer Kartoffel entsprungen und eins schöner als das andere. Jippieeh! Mehr braucht es nicht.
Mein Lieblingsmotiv aus dieser Session:
Mir gefällt es eben, wenn jemand vor meinem Graphic Recording oder Flipchart steht und „Süüüüüß!“ quiekt oder das kleine Tier einfach zum totlachen witzig findet. Wer will schon die perfekte Zeichnung?
Kurz: Tu dir den Gefallen und nimm dir den Stress raus. Trainiere die einzelnen Impulse aus dem Training in deinem Tempo und erarbeite dir nach und nach deine eigene Visualisierungskompetenz. Lass dich nicht verrückt machen!
Wie trainierst du dir diese Fähigkeiten an? Ich bin neugierig. Schreib es mir gerne hier in die Kommentare.