
Und Tschüss! Brauchen wir Rituale zum Seminarabschluss? – Teil 1
Oder: Ein Plädoyer für einen guten Schluss
Eine Galerie zur Inspiration sollte es werden…
Für den neuen Flipchartkurs hatte ich mir vorgenommen, eine Galerie zu erstellen. Eine Galerie aus bisher weniger veröffentlichten Flipcharts. Ich habe da einen ganz schönen Fundus, der im Laufe der Jahre zusammengekommen ist.
Einige Bilder sind durch das Raster gefallen, weil ich sie selbst nicht mag, oder weil sich viel getan hat, in den letzten Jahren. Ich staune. In meinem Kurs–Curriculum habe ich drei Lektionen dafür bereitgestellt: Willkommens-Flipcharts, Agenda-Flipcharts und Abschluss-Flipcharts.
Ich war mir so sicher, dass ich dort in meinen Datenspeichern viel Material habe. Ja, das ist auch so. Ich habe eine stattliche Zahl an Willkommens-Flipcharts gefunden, ein erstaunliche Anzahl an Agenda-Flipcharts, und …. also …. und EIN EINZIGES Abschluss – Flipchart.
Ich war verwirrt. WTF!?
Warum habe ich nur dieses eine Flipchart?
Wo sind die anderen?
Ich ging weiter zurück in meiner Sammlung, aber ich wurde auch bei meinen Erstlingswerken nicht fündig. Ich dachte nach. Schaute mir die Sammlungen von Inhouse-Trainings an. NICHTS! Noch nicht einmal ein:
Gute Reise! oder VielenDank!
Nichts, gar nichts. Ich grübelte.
Warum ist da nichts?
Ich lief verzweifelt herumräumend durch die Wohnung -mache ich in so einem Fall- und rief: “DA IST NIX! Oh, Gott, da ist nix!”
Der Ehemann blickte irritiert vom Sofa auf: “Kaffee und Kuchen?” – “Abschluss-Flipchart! Keins da!”
Er konnte meine Bestürzung nicht so gut verstehen: “Ein Abschluss-Flipchart? Öhm, nun, ich wüsste nicht, wie ich ohne dies überleben könnte, in einem Seminar. Ja, also das ist wirklich ein Skandal!”
Würde meine Zielgruppe ohne dies überleben können? Hatten meine Teilnehmer im Seminar dies bisher überlebt? In diesem Moment war es eher die Frage, ob ich das irgendwann verarbeiten und mir verzeihen würde.
Das erste Mal dachte ich darüber nach. Hatte ich in meinen vielen Trainerausbildungen keine Vorbilder?
Hat da niemand je ein Flipchart zum Abschluss im Raum aufgehängt? Auch bei diesen weichgespülten Dings nicht? Ja, sowas habe ich natürlich auch durchlaufen. In der Comedy hätte man uns sicher eher von der Bühne geschubst, und “Friss oder stirb!” gerufen, oder: “Schwimm!”
Ich googelte nach: Abschluss Flipchart
Fand dabei meine eigenen Flipcharts, fast ausschließlich. Super Gag! Albrecht Kresse hatte irgendwann einen Lonesome Rider auf ein Flipchart gebracht. Coole Idee! Irgendwann kann ich auch Pferde zeichnen. Dann fragte ich mich, ob das Thema überhaupt eine Rolle spielt, wenn es doch niemand umsetzt, also Abschluss-Flipcharts, nicht Pferde zeichnen.
Meine Überzeugung: Ja, das Thema spielt eine Rolle!
Ein gutes Seminar oder Training besteht aus verschiedenen Phasen. Wie genau diese Phasen heißen, das hängt damit zusammen, aus welcher Trainerausbildung du kommst. Aber alle haben eins gemeinsam, sie haben alle einen Anfang, einen mittleren Teil und einen Schluss.
Für den Anfang ist es wichtig, ein gutes Ankommen zu ermöglichen, und Antworten auf die wichtigsten Fragen zu geben:
Wo ist was? Wie läuft das hier ab? Was kann ich hier lernen? Schaffe ich heute Abend meinen Zug?
Im Mittelteil geht es um das Aufnehmen, und wenn möglich Ausprobieren neuen Wissens.
Am Ende steht die Reflexion und ein runder Abschluss:
Welche meiner Lernziele sind heute erfüllt? Was werde ich mit dem Gelernten anstellen? Jipieeeh! Ich schaffe meinen Zug.
Also sind alle drei Teile des Seminars wichtig.
Wenn ich mir meine Trainerleitfäden anschaue, dann plane ich auch alle Phasen. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter:
Ich plane meine Veranstaltungen im ersten Schritt immer von hinten. Ach?
Ja, das war mal ein Tipp von Claudia Linker
So habe ich mir angewöhnt, Erst einen Zeitplan aufzustellen, dann dann die letzte Arbeitseinheit zu planen, um dann von vorne weiter zu machen. Das hat sich sehr bewährt, nur eins habe ich nie in die letzte Spalte meiner Planung geschrieben: Abschluss – Flipchart erstellen.
Nun gibt es sicherlich Themen, die wichtiger sind in einem Seminar. Sicher?
Aber wenn wir einmal betrachten, welchen Stellenwert wir dem Anfang beimessen, dann ist das echt schon ganz schön unfair, dem Schluss gegenüber. Ich nehme mich da nicht aus.
Dabei hat der Schluss so viele wichtige Aufgaben:
- Letzte gemeinsame Reflexionsmöglichkeit vor der praktischen Umsetzung.
- Zusammenfassung des Gelernten.
- Letzte Chance zur Transferplanung
- Ausblick
1. Letzte gemeinsame Reflexionsmöglichkeit
Hier hast du die Gelegenheit zu erfahren, was die Teilnehmer mitnehmen. Du kannst noch mal kurz einzelne Themen herausgreifen, ein Wissensquiz veranstalten oder eine umfangreiche Wiederholungsübung anleiten.
2. Zusammenfassung des Gelernten
Hier nimmst du dir noch einmal die Zeit für eine intensive Zusammenfassung. Klar kannst du hier etwas präsentieren, aber toll ist, wenn die Teilnehmer auch aktiv etwas tun können. Mal ehrlich: Wer kann am Nachmittag eines intensiven Seminars noch wirklich gut zuhören?
3. Letzte Chance zur Transferplanung
Ups, bevor es ganz zu spät ist. Ich bin ein Fan der Transferplanung im Seminar von Anfang an. Au Backe! Das klingt nach Arbeit.
Mir geht es darum, dass die Teilnehmer während des gesamten Tages ihren Transfer schon im Blick haben.
Immer wieder gibt es kleine Übungen, die dabei helfen, das Gelernte in der zukünftigen PRaxis zu sehen. Das können sowohl Einzelaufgaben sein. Kleine Aufgaben in der Minigruppe, oder auch der Austausch von Transferideen im Plenum.
Über allem schwebt die Frage:
Was mache ich mit dem Gelernten?
Spätestens am Schluss sollte dazu eine Lerneinheit erfolgen. Meine Überzeugung ist zwar, dass das über den ganzen Tag erfolgen sollte, aber wenn du es vorher – aus irgendwelchen Gründen – nicht geschafft hast. Dann muss der Transfer unbedingt dort Platz finden.
4. Ausblick
In einer mehrteiligen Ausbildung kann der Ausblick ein Einblick in die nächste Runde, die nächste Veranstaltung sein. Du könntest eine vorbereitende Aufgabe anmoderieren.
Es kann auch ein Ausblick sein, wie dieses Seminar weiter begleitet wird, z.B. online. Es kann aber auch ein Ausblick sein, auf ungewöhnlich Einsatzmöglichkeiten der Lerninhalte.
Naja, und vielleicht ist dein Ausblick ja auch ein Ausblick auf zukünftige Veranstaltungen, die du in diesem Rahmen bewerben möchtest? 😉
Ui, da kommt ja jetzt doch ganz schön was zusammen, was mehr ist, als nur “Tschüß!”.
Der Schluss beginnt also schon viel eher. Jetzt fällt mir auf, dass viele Charts, die sich um den Schluss ranken, eher Aufgabencharts sind. Dennoch fehlt ein echtes Abschluss-Flipchart, eins das du an der Tür einfach [heimlich] entrollst, während deine Teilnehmer den Raum verlassen.
Kurz: Wer ein Willkommens-Flipchart erstellt, der sollte auch eins für den Schluss haben.
Ich schreibe mir das jetzt auch hinter die Ohren. Und wenn du hier jetzt ein Willkommens-Chart findest, dann werde ich dir dazu passend auch ein Abschluss-Chart präsentieren. Versprochen.
In der Überschrift steht Teil 1 – Was bedeutet das?
Das bedeutet, dass ich dir gerne für die wichtigsten Aufgaben des Abschlusses in den nächsten Wochen ein paar Ideen hier vorstellen werde.
Wie ist das bei dir? Hast du jemals Flipcharts für den Abschluss erstellt? Wenn du mich auf Twitter markierst, unter dem Hashtag #AbschlussFlip, dann freue ich mich deine Werke zu sehen.