Eine Sache, über die du dich während deiner Veranstaltung vielleicht auch schon einmal geärgert, oder zumindest gewundert hast.
Du gibst den Teilnehmern eine maximale Zahl an Sätzen vor, und niemanden interessiert es.
Kennst du diese dann endlos labernden Teilnehmenden? Bäääm Timecrasher!
In einem Meeting in der letzten Woche war ich es, oje, oje, oje. Man gab mir schon zur Vorbereitung des Meetings vier Sätze, ich bereitete mich vor, hatte vier Sätze bereitgelegt, die ich in der Warming-Up-Runde sagen wollte. Als ich an der Reihe war, ging es mit mir durch, und ich redete, und redete. Au Backe!
Ja, auch der eine oder andere Teilnehmer sprach ein wenig mehr als vier Sätze, aber als ich an der Reihe war, brach ich den absoluten Highscore. Der Kollege deckte dies augenzwinkernd auf, nachdem ich geendet hatte.
Au Backe! In diesem Meeting war ICH die Labertasche.
Ich weiß, dass ich absolut dazu neige, denn ich rede gerne und viel. Ich habe das Gefühl, dass das immer schlimmer wird, seitdem ich mehr von zu Hause arbeite. Wenn ich dann mal auf echte Menschen treffe, dann muss ich ja mal ordentlich viel aus dem Leben plaudern.
Wenn ich nicht dieses Mitteilungsbedürfnis hätte, dann könnte ich auch nicht zwei Blogs vollschreiben, oder?
Was sind das für Leute? Was bezwecken die?
Erstmal gehen wir davon aus, dass das ganz normale Teilnehmer sind. Wenn Teilnehmer viel reden, dann kann es auch sein, dass sie sich in der Runde sehr wohl fühlen. So wohl, dass sie gerne etwas mehr von sich preisgeben möchten. So ging es mir in diesem letzten Meeting.
Kurz: Hier fühle ich mich wohl, hier dürfen die anderen Teilnehmer unbedingt mehr über mich erfahren. Egal, ob sie das wollen oder nicht.
Das zeigt sich häufig auch in den Pausen, man möchte gegenseitig mehr voneinander erfahren, was dazu führt, dass auch die Pausendisziplin schwer aufrecht zu erhalten ist. Man mag sich. Schön, weil es eine gute Atmosphäre zum Arbeiten gibt.
Also Achtung! Hab einen Blick auf die Pausenzeiten. Die Teilnehmer haben den Blick gerade sicher nicht. In diesem Fall musst du selbst ganz diszipliniert sein, aber dazu später mehr.
Was ist mit den Zicken, den Neidischen und den Besserwissern?
Es gibt natürlich auch die anderen, die, die dich auf die Probe stellen wollen. Die, die meinen, dass sie das, was du gerade machst viel besser können. Selbstverständlich bist du sowieso überbezahlt. Sie reden, reden, und sie sind so wichtig. Du kennst das.
Aber Schwamm drüber, das sind die wenigsten, und den Ärger nicht wert. Denen schenkst du nach vorne hin ein Lächeln, und denkst dir deinen Teil. Denk einfach so etwas wie:
„Oje, du arme Wurst! Hast du das wirklich nötig? Naja, wer’s braucht!“
Ich könnte auch einen mitleidigen Blick hinüberschicken, und dann einfach ohne weiteren Kommentar mit meinem Programm fortfahren. Spätestens in der 1. Kaffeepause sollte dann klar sein, wer die Veranstaltung leitet.
Mir doch egal! Warum sind 44 statt 4 Sätze überhaupt ein Problem?
Wenn jemand ausschweifend antwortet, dann wirst du als Veranstalter zwangsläufig das Problem haben. Genauer gesagt: ein Zeitproblem.
Ich gehe mal davon aus, dass du die Menschen zu einem bestimmten Thema zusammengerufen hast. Dazu hast du dir einen genauen Ablaufplan erstellt, der nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich untergliedert ist. Das wäre professionell, und es ist meine Erwartung an Menschen, die andere Menschen in Veranstaltungen einladen, um mit ihnen zu lernen und zu arbeiten.
Als Basis dienen deine Lernziele, die du mit Aufgaben und Inhalten erreichen möchtest. Für jedes Lernziel steht ein Zeitbudget zur Verfügung, und daraus ergibt sich die Veranstaltungsdauer. Meistens ist es umgekehrt. Der Auftraggeber sagt dir, wie viel Zeit dir zur Verfügung steht, um ein bestimmtes Lernziel zu erreichen. Du hättest vielleicht gerne 2 Tage, der Auftraggeber sagt, dass das auch schon in einem Tag erledigt sein sollte. Womöglich ein halber Tag?
Was tust du? Richtig, du schaust, wo du kürzen kannst, und meistens fallen dabei auch immer ein paar Minuten für das Warming-Up und den Schluss weg.
Du hast am Ende einen minutiös ausgearbeiteten Plan, mit dem du deine Ziele erreichen willst.
Das Abenteuer beginnt. Du wirst sicher zu Beginn verdeutlichen, dass für die bevorstehenden Aufgaben nicht viel Zeit ist. Aber als Profi weißt du auch, dass es in Veranstaltungen nicht nur um reine Wissensvermittlung geht, sondern, dass die Teilnehmer erst ein Warming-Up, oder einen Check-In benötigen, um arbeitsfähig zu sein. Das sehen auch die meisten Teilnehmer so. Aber das Zeitproblem, das hast du dann ganz allein, weil ich als Teilnehmer denke, dass du das als Profi schon regeln wirst. Not my f***ing Problem. Hörst du mein dreckiges Lachen? 😉
Bääm! Deine für 10 Minuten geplante Runde überschreitet soeben die 25 Minuten.
Was ist denn dieses Warming-Up überhaupt?
Das Warming-Up, manchmal auch Check-In genannt dient dazu, eine sichere Lerngemeinschaft mit den anderen Teilnehmern im Raum zu bilden. Es geht darum, ein Zusammengehörigkeits- und ein Sicherheitsgefühl zu etablieren.
Einerseits erinnert es die Teilnehmer an ihre eigenen Lernziele, andererseits kann es eine Wissensinventur des schon vorhandenen Wissens sein. Wobei es immer darum geht, die Energie auf das Lernen zu lenken, sobald die Teilnehmer den Raum betreten.
Kurz: Ein positives Gefühl entwickeln, in Bezug auf die kommende gemeinsame Lernerfahrung.
ACHTUNG! Es geht hier nicht um eine Vorstellungsrunde! Eine Vorstellung ist auch Teil eines Warming-Upps, hier schlage ich dir aber ein paar andere Ideen vor, die ich schon einmal zusammengetragen habe. *KLICK*
Typische Fragestellungen für die Runde in der Gesamtgruppe könnten diese sein:
„Denke an drei Dinge, die du zum Thema schon weißt, und eine Sache, die du zum Thema unbedingt noch lernen möchtest.“
„Bringt bitte einen Gegenstand mit, den Ihr mit dem Thema XYZ verbindet. Und fast noch wichtiger: Denkt bitte darüber nach
a) warum Ihr ihn damit verbindet
b) in welcher Situation Euch genau das besonders geholfen hat
Überlegt Euch, wie Ihr dies in vier Sätzen beschreibt.“
Es dürfen aber auch gerne kleine Übungen sein, bei denen die Teilnehmer sich aktiv im Raum bewegen:
Jetzt werden wir mal konkret
1. Visualisiere die Aufgabe
In einem der letzten Beiträge habe ich herausgestellt, wie wichtig es ist, dass du ALLE Arbeitsanweisungen visualisierst. Das ist nicht nur für komplexe Arbeitsanweisungen eine wichtige Sache, das kann dir auch schon im Warming-up gute Dienste leisten.
Schreibe ganz genau auf ein Flipchart, was die Teilnehmer tun sollen.
Lies die Aufgabe während du sie stellst ganz genau vom Flipchart ab, und zeige, oder unterstreiche die wichtigsten Stellen dieser Anweisung. Wenn du es noch nicht gemacht hast, dann nimm einen Marker, oder Kreide zur Hand, um die Signalwörter zu unterstreichen.
2. Lass nichts durchgehen
Wenn du vier Sätze vorgibst, dann musst du den Teilnehmer auch nach konkret vier Sätzen unterbrechen. Punkt.
Auch, wenn du selbst ganz interessant findest, was der Teilnehmer sagt. Nur so kannst du zeigen, dass dir das mit der Zeit wirklich wichtig ist.
Nein, das ist nicht unhöflich! Die Ansage war klar.
Denk daran, dass DU allein am Ende ein Zeitproblem bekommst, und dass du deinem Auftraggeber erklären musst, warum du deine Lernziele nicht erreicht hast. Zur Sicherheit hast du sowieso einen Puffer eingebaut, aber es könnte auch noch etwas Unvorhergesehenes auftauchen, wenn ihr erstmal ins Thema einsteigt, dann brauchst du die Zeit.
3. Nenne Alternativen, bei denen die Teilnehmer sich austauschen können
Es gibt sehr unterschiedliche Gruppen.
Gruppen, die das Warming-Up eher lästig empfinden, und möglichst schnell zum Thema kommen wollen. Meistens kommt das in Gruppen vor, die sich schon länger kennen. Hier sage ich, dass ich eine kurze Runde als Standortbestimmung brauche, um zu erfahren, wo sich die Gruppe befindet. Das dient der Arbeitsfähigkeit, ist aber auch meine professionelle Haltung als Gruppenleiterin, die durch die Veranstaltung führt.
Mit dieser Gruppe wirst du deine Zeitplanung gut einhalten können. So ist zumindest meine Erfahrung.
Dann gibt es Gruppen, die sich noch nicht kennen, und aus gutem Grund etwas mehr voneinander erfahren wollen, oder die ein großes Interesse am Socialising haben.
Wenn du das wahrnimmst, dann solltest du der Gruppe unbedingt Alternativen nennen, bei denen die Teilnehmer diesem Bedürfnis nachkommen können. Sonst hast du nicht nur ein viel zu langes Warming-Up, sondern auch ein latentes Murmeln, oder Unruhe im Raum, weil man dem Mitteilungsbedürfnis irgendwie nachkommen möchte.
Wenn du nicht sicher sagen kannst, an welcher Stelle der Veranstaltung so ein Austausch vorgesehen ist, dann solltest du dir in deinem Ablaufplan einige Notizen dazu machen.
Bei welchen der geplanten Übungen haben die Teilnehmer noch die Möglichkeit, mehr übereinander zu erfahren?
Gerade, wenn du mit vielen aktiven Methoden oder Fragestellungen arbeitest, bieten sich verschiedene Anknüpfungspunkte für die Teilnehmer an. Klar sind das nicht immer private Gespräche, aber bei Aufgaben, in denen es um die persönliche Meinung geht, lässt sich viel über den anderen erfahren. So können sich die Teilnehmer viel eher darauf einlassen, dass du sie rigoros unterbrichst, weil sie zu ausschweifend sprechen.
Schreibe dir diese Situationen als Checkliste heraus, und verkünde sie den Teilnehmern. Aushängen würde ich die Liste nicht. Es ist eine kleine Zusatzinfo, die zwar sehr wichtig ist, aber als zusätzliche Visualisierung dann doch eher verwirrt.
Außerdem haben die Teilnehmer auch noch die Pausenzeiten, um sich auszutauschen. Darauf solltest du unbedingt hinweisen.
4. Wo Sätze nicht reichen gib Zeiten vor
Was sind schon drei oder vier Sätze? Drei Wörter zu zählen ist viel einfacher. Wo fängt der Satz an, wo hört er auf? Mal ehrlich, kann man das immer genau sagen?
Wenn du ganz sicher gehen willst, dann gibt doch einfach jedem eine Zeitvorgabe, um eine Antwort zu geben.
In letzter Zeit hilft mir das am besten. Eine (halbe) Minute pro Teilnehmer lässt sich gut stoppen, und funktioniert sogar sehr gut. Dabei stoppe nicht ich die Zeit, sondern ich bitte einen oder zwei Teilnehmer die Rolle der Zeitmanager in dieser Runde zu übernehmen. Das klappt spitze. Interessant ist dabei, dass die Zeitmanager den ganzen Tag hindurch aufmerksam mit der Zeit bleiben, wenn sie am Morgen diese Aufgabe übernommen haben. Selbst pünktliche Pausenzeiten sind dann im Fokus.
Stichwort: Loslassen. 🙂
5. Lass es aufschreiben
Eine letzte Option bietet das Aufschreiben. Entweder, du gibst den Teilnehmern schon vor der Veranstaltung eine kleine Vorbereitungsaufgabe, und bittest sie, ihre Gedanken aufgeschrieben mitzubringen, oder du gibst den Teilnehmern 5 Minuten Zeit, um sich ein paar Notizen zu machen.
Danach tragen alle Teilnehmer nacheinander ihre Notizen vor. Ohne Diskussion.
Allerdings solltest du am Ende der Runde kurze klärende Nachfragen erlauben, damit sichergestellt ist, dass alle auf dem gleichen Nenner sind.
Was hilft dir in solchen Situationen? Ich freue mich auf deine Antworten unten im Kommentarfeld.